Mai 2017
Ihr kennt ja Schloss Ahrensburg. Das ist ringsum von Wasser umgeben.
Man kann es nur über eine Brücke erreichen.
Daher nennt man es ein Wasserschloss.
Ach so! Ihr seid ja gerade im Walchenseewerk.
Ja, das hat auch ein Wasserschloss, aber das ist etwas ganz anderes...
Die Skizzen hier unten sind nicht richtig im Maßstab, denn der Stollen, also ein Tunnel, durch den das Wasser fließt, ist länger als 1 km (1.200 m), während die Druckrohre einen Höhenunterschied von etwa 200 m überwinden.
Der Stollen ist hoch und breit (4,80m x 4,60m). 2015 ist dort sogar mal ein kleines U-Boot durchgefahren. Dabei hat man die Stollenwände überprüft.
Der Walchensee liegt etwas mehr als 200 m höher als der Kochelsee. Wir möchten jetzt vom Walchensee zum Kochelsee eine Rohrleitung legen und bauen eine Turbine ein. Dann strömt das Wasser hinunter, treibt die Turbine und wir erhalten dadurch Strom.
Allerdings liegt ein Berg zwischen den beiden Seen. Also sprengen wir einen großen Stollen durch den Berg, durch den das Wasser dann fließt. Nun schrauben wir die Rohrleitung dran.
Prima, die Anlage läuft!
Jedes Kraftwerk muss auch mal abgeschaltet werden. Dies gilt besonders im Walchenseewerk. Mit dem Wasser vom Walchensee muss nämlich sparsam umgegangen werden. Deshalb ist das Kraftwerk nur dann in Betrieb, wenn die Münchener gerade besonders viel Strom brauchen.
Für das Abschalten haben wir eine Platte, die wir quer in das Rohr
reinschieben, einen Absperrschieber. Den schieben wir rein...
und schon fließt das Wasser nicht mehr und die Turbine steht still...
Nein, das geht nicht.
Im Normalbetrieb, also vor dem Abstellen, strömt das Wasser durch den Stollen heran wie ein langer schwerer Güterzug. Und wenn wir dem Güterzug plötzlich die Durchfahrt versperren, dann gibt es eine Katastrophe.
Da das Wasser nirgendwohin ausweichen kann, verhält es sich wie dieser Güterzug, alles wird zerstört!
Wasser ist aber kein Güterzug! Es kann ausweichen, wenn man ihm die Möglichkeit dazu gibt.
Dort, wo das Wasser aus dem Berg kommt, also unmittelbar vor dem Absperrschieber, bauen wir jetzt ein großes Becken, in das das Wasser ausweichen kann. Im Walchenseewerk hat dieses Becken Platz für 10.000 m3 Wasser.
Im Normalbetrieb steht das Wasser in diesem Becken ungefähr so hoch wie im Walchensee.
Wenn wir jetzt den Absperrschieber in das Rohr schieben, dann muss der natürlich auch einigen Druck vom anströmenden Wasser aushalten. Aber die Hauptenergie des durch den Stollen ankommenden Wassers kann sich in dem offenen Becken so lange austoben, bis der Wasserstrom langsam zur Ruhe kommt. Dadurch ist der Druck auf den Absperrschieber nicht mehr so groß, er hält.
Hier seht ihr nun die Anlage im Bild:
Na, das sieht ja wirklich wie ein Schloss aus, nicht wahr? Bei manchen anderen Kraftwerken besteht das Wasserschloss nur aus → runden Türmen.
Das Bild hier oben zeigt die Turbinenhalle von außen. Ihr seht, dass die Druckrohre nicht schnurgerade in die Turbinenhalle hineinführen, sondern sie liegen neben ihr, bis das jeweils zu einer Turbine gehörende Rohr nach rechts zu dieser Turbine in die Halle abbiegt.
Auch dies ist eine Vorsichtsmaßnahme: Sollte eines der Druckrohre mal platzen, dann soll das heranbrausende Wasser nicht in die Halle rauschen und dort alles zerstören, sondern an der Halle vorbei geradeaus weiter strömen, direkt in den Kochelsee.
Dies ist die Turbinenhalle. Hellgrün sind die Turbinen, die durch das Wasser angetrieben werden. Sie sind über eine Welle mit den dunkleren Generatoren verbunden, in denen der Strom erzeugt wird.
Und wenn ihr mal ganz nach oben auf den Herzogstand wandert, dann habt ihr durch das Fernglas
diesen Blick tief runter zu der Anlage. Links im Dunst sieht man den Kochelsee
und rechts am Berg das Wasserschloss.
Auf diesem Bild sind die Druckrohre durch die Bäume verdeckt.
Die dünnen Linien sind wieder Hochspannungsleitungen.
Der Bau des Walchenseekraftwerks begann im ersten Weltkrieg, vor über
hundert Jahren. Seit 1924 ist es in Betrieb.