2019
Im Februar 1982 war es, als mich ein junger Lisu, von seinem Dorf aus hoch in die Berge führte bis dicht an die burmesische Grenze. Er hieß Abbae, andere nannten ihn Nenepha.
Er zeigte mir dort ein Opiumfeld. Es war gerade Erntezeit. Das Feld war nur über einen fast nicht erkennbaren Pfad zu erreichen.
Der diagonal verlaufende helle Hang ist das Opiumfeld,
über eine Senke hinweg fotografiert
(Bitte um Entschuldigung für schlechte Qualität) [1982]
Von der weißen Blüte bis zum Rohopium [1982]
Kurz, nachdem die Blütenblätter abgefallen sind, ritzt man mit einer Doppelklinge die Kapseln an und sammelt später den austretenden Saft, das Rohopium.
Damals hatte ich auch an einer Zeremonie zur Geburt einer Tochter von Abepha und seiner Frau Awuma teilgenommen und bin seitdem eine Art Taufpate. Abepha war ein Schwager von Abbae, Abbae ist schon tot.
Im Laufe der Jahre bin ich schon einige Male wieder bei Abepha zu Besuch gewesen. Da wir keinerlei Kontakt in der Zwischenzeit haben, sind meine Besuche für die Familie immer völlig überraschend. Und ich weiß nie, ob überhaupt und wie ich sie antreffe.
Mit seiner Frau hat Abepha sechs Töchter und zwei Söhne. Er ist ein guter Handwerker, der mit Eisen genauso gut umgehen kann wie mit Holz und mit der Maurerkelle. Er hat ein Reisfeld, eine Lichee-Plantage. Frisch geerntete Ingwerwurzeln, auch Mais habe ich schon bei ihm gesehen. Er hat also immer gerade etwas zu tun, wenn ich komme.
Daher sind meine Besuche eine Störung. Und wenn er keine Zeit für mich hat, dann melde ich mich bei ihm ab und durchstreife alleine das Dorf und die nähere Umgebung.
In all den Jahren war es mir nicht gelungen, den Weg, den wir damals zum Mohnfeld gelaufen waren, wieder zu finden. Nicht, dass ich dort heute noch Mohn erwartet hätte. Aber den Weg dorthin hatte ich in besonders schöner Erinnerung.
Im März 2008 versuchte ich es wieder und hatte nach mehreren Irrwegen
Glück, wenigstens den Einstieg zu finden.
Zunächst ging es durch eine der Plantagen mit Lychee-Bäumen.
Lychee-Baum mit Blüten ...
... und mit unreifen Früchten
Auf dem Boden fand ich Ranken mit gelbroten Blüten, die irgendwie unheimlich aussahen. Giftig? Später erfuhr ich, dass es sich um ganz gewöhnliche Kürbisblüten handelte.
Auf dem Sattel des Vorbergs, bei einer kleinen Schutzhütte, entschied ich: "weiter rauf!". Und jetzt wurde es richtig steil!
Langsam kamen mir Bedenken, da ich kein Wasser dabei hatte und furchtbar schwitzen musste. Aber ich erinnerte mich, dass es in den Bergen Quellen gab. Tatsächlich, auf dem nächst höheren Bergrücken gab es zwar keine Quelle, aber eine Zapfstelle. Also, Hahn auf und getrunken!
Hier sah ich auch eines der vielen Beispiele von Landzerstörung. Brandrodung war bei den Bergstämmen schon immer üblich. Nach einer Zeit der Nutzung gibt man dem Feld wieder Ruhe. Leider ist das aber wegen der stark gestiegenen Bevölkerungsdichte nicht mehr so möglich, wie es notwendig wäre. - Überdies erodieren die steilen Hänge natürlich unheimlich schnell.
Weiter ging es aufwärts, zunächst auf einem Kammweg, dann in einem engen Hochtal,. Der Pfad würde bald enden. Ich ging so weit wie möglich.
Es ist übrigens ganz still hier. Keine Affen schreien, weil es keine gibt. Manchmal hört man einen Vogel singen. In der Ferne knallen Vorderlader. Die Vegetation ist berauschend schön. Klick auf die Bilder! Auch auf das große!
Dann sah ich sie: Eine Orchidee!
Nein, im Dschungel stehen sie nicht wie im Blumenladen. Man muss schon Glück
haben, sie zu finden.
Wer das Bild mit dem gelben Pfeil doppelt anklickt,
kann an der gezeigten Stelle die Blüte finden.
Als ich nach mehr als fünf Stunden in das Dorf zurück kam, herrschte bei Abepha helle Aufregung. Er hatte mich vermisst und schon in den Nachbardörfern gesucht.
Er war im Recht. Wenn mir unterwegs etwas zugestoßen wäre, dann hätte man mich so leicht nicht gefunden. Ich bat sehr um Entschuldigung.
Und im gleichen Augenblick schwor ich mir: Wenn ich jemals wieder die Gelegenheit zu so einer tollen Wanderung habe, dann werde ich sie nutzen! Alleine!
2:46 min
Wer das Keuchen des Wanderers, einzelne Vogelstimmen, das Weghuschen eines Vogels erleben will, der ist eingeladen, sich den Videoclip anzusehen